
Urbau
48° 48′ N, 16° 7′ O
Vrbovec
Znaim
Geschichte
Urkundlich erstmals erwähnt 1252, ein Teil des Orts gehört zu Kloster Bruck, ab 1512 der ganze Ort. Seit 1252 ist Weinbau belegt, der vor dem 30jährigen Krieg seinen größten Umfang gehabt haben dürfte. Vorübergehend ist der Ort lutherisch. Im 30jährigen Krieg leidet der Ort unter den Schweden, die Pest fordert Opfer. Um die Mitte des 13.Jh. gibt es in Urbau ein Landgericht, zu dem 23 Orte zählen, zu Beginn des 17.Jh. sind es noch 12, 1622 ist nur noch die Gemeinde Urbau allein übrig. Als Kloster Bruck sich das Gericht einverleiben will, wenden sich die Urbauer an Kaiser Leopold I., erreichen aber nichts, ebenso bei zwei weiteren Versuchen. Südöstlich von Urbau veröden Nemschitz und Gnast im 30jährigen Krieg.
Als die Urbauer 1692 einen Brudermörder selbst aburteilen wollen, wird die Auslieferung des Schuldigen an das Brucker Halsgericht mit Militärgewalt erzwungen unter Plünderung und Ausschreitungen.
1695 werden die führenden Männer in Urbau verhaftet, der Bürgermeister und Richter zum Tode, die anderen zu Gefängnis verurteilt. Das Landgericht wird der Gemeinde 1699 abgesprochen. Trotzdem werden wieder Abgesandte nach Wien geschickt, dort abgewiesen, einige werden auf dem Spielberg eingesperrt, andere enteignet. 1712 überreichen die Urbauer Kaiser Karl VI. ein erneutes Gesuch, das 1713 abgewiesen wird, nochmalige Behelligungen würden strengstens bestraft. 1723 legen die Urbauer erneut ein Gesuch vor, 1724 erklärt ein kaiserlicher Entschluß, daß alle Privilegien null und nichtig seien, alle annullierten Privilegien-Urkunden seien abzuliefern. Das kann der Kreisamtmann in Urbau nicht erreichen, vielmehr muß er unter Drohungen der Burschen und Gespött der Weiber den Ort verlassen. Zwei Bevollmächtige der Gemeinde werden auf den Spielberg gebracht, dasselbe widerfährt zwei weiteren Abordnungen. Als die Urkunden mit den Privilegien der Untersuchungskommission in die Hände fallen, geben die Urbauer auf, die Eingekerkerten bitten um Gnade und geloben Treue und Gehorsam. Übrig bleibt die Erinnerung an die Richtstätte mit Galgen (heute ein Kreuz) „Beim blutigen Schädel“ und der „Armensünderweg“. Mit der Auflösung von Kloster Bruck 1784 kommt der Ort an die Ritter von Liebenberg.
1841 vernichtet ein Brand fast den ganzen Ort, 1863 herrscht der Typhus, 1866 die Cholera. Seit 1885 steht hier das erste Treibhaus, mit Bergen, Guldenfurt und Neusiedl wird die Zentralkellerei Brünn gegründet, Weinverkaufsstellen werden in Znaim, Brünn und Wien errichtet.
Im I.Weltkrieg fallen 56 Mann. Am 18.Dezember 1918 besetzt Militär brüllend den Ort, die Tschechen durchsuchen die Häuser und „beschlagnahmen“, bedrohen die wehrlosen Frauen, deren Männer noch nicht heimgekehrt sind. Die Bücherei der Burschenschaft „Markomannia“ wird vernichtet.
Zu Silvester führt der Männergesangverein Operetten auf, „Ein Kirtag in Tirol“, „Ännchen von Tharau“ und „Die Winzerliesl“, daneben Sprechstücke wie „Die Kreuzelschreiber“ von Anzengruber, „Der Müller und sein Kind“.
1934 wird der Empfang ausländischer Rundfunksender verboten. Ab 1937 werden im Gemeindegebiet 18 kleine und 3 große Bunker gebaut, südlich eine Panzersperrlinie aus Beton. Wer in der Nähe ein Feld besitzt, muß einen Ausweis bei sich haben. Im Mai 1938 werden die Bunker besetzt, Geiseln festgenommen.
Am 18. und 19.September 1938 fliehen wegen der Mobilmachung wehrfähige Männer und ein Großteil der übrigen Einwohner nach Niederdonau, das Militär plündert Felder und Weingärten. Am 10.Oktober marschiert die Wehrmacht ein, Gebirgsjäger aus Graz.
Am 26.August 1939 werden 42 Männer der Jahrgänge 1896 bis 1904 einberufen.
Im Jänner 1945 ziehen die ersten Flüchtlingstrecks durch Urbau, im März wird die Schule Hauptverbandsplatz, ein Haus wird für Schwerverwundete eingerichtet, neben dem Friedhof wird ein Soldatenfriedhof angelegt. Am 9.April 1945 wird der Ort bombardiert, drei Häuser und zwei Scheunen werden schwer beschädigt, am 20.April fallen Bomben ins Lettenfeld. Am 7.Mai verlassen um 23 Uhr die letzten deutschen Soldaten den Ort, am 8.Mai erscheinen um 17.30 Uhr Sowjetsoldaten, in der Nacht vom 9.Mai folgen die ersten Vergewaltigungen, eine Frau wird erschossen, zwei andere schwer verletzt, erst mit der Vertreibung enden die Qualen.
Am 12.Mai kommen die ersten tschechischen „Partisanen“, am Pfingstsamstag folgen Festnahmen und schwere Mißhandlungen; bis Weihnachten sind 13 Männer und Frauen im Internierungslager in Znaim. Zwei Wellen von Hausbesetzern brechen auf und ab, was Beute verspricht. Tschechische Hausbesetzer plündern in zwei Wellen. Am 14.August beginnt die Vertreibung mit Beschimpfungen und Prügel über Klein-Tajax zur Grenze. Im April 1946 werden die meisten Urbauer nach Deutschland abgeschoben.
Brauchtum und Arbeit
Als eines der Wahrzeichen des Ortes gilt der Tallabrunnen, der jedes Jahr am Pfingstsamstag gereinigt wird, abwechselnd von den Burschenschaften des Oberen Orts, den „Oberen“, oder denen des Unteren Orts, den „Unteren“, je dreißig bis vierzig Mann, die Schüler haben schulfrei. Zwei Männer fahren ins Frauenholz bei Mühlfraun und holen vier, fünf Säcke mit sauberem Moos („Mirs“), zwei gute Glockenseile werden beschafft, der Resselbinder fertigt ein starkes Eimerschaff (50l) mit doppeltem Boden an (sehr teuer: 3 Gulden) und zwei starke, 4-5m lange Stangen. Um ein Uhr muß alles am Platz sein. Die einzelnen Arbeiten werden ausgelost, ein Ersatzmann – wenn es dem einen oder andern graust – kostet einen Gulden. Jedes Haus zahlt 12 Kreuzer, jeder Häusler 6 Kreuzer, am Sonntag wird eingesammelt.
Die Glockenseile werden in Abständen von 12 Zoll mit einem großen Eberzahn aufgedreht, mit grünen Weidenstäben verbunden und an einem Wasserschaff festgemacht. Um zwei Uhr beginnt man mit dem Ausschöpfen, nach einer Stunde steigt der erste mit einer alten Suppenpfanne ins Schaff und wird hinuntergelassen. Er sammelt alle hineingefallenen Gegenstände mit der Pfanne und füllt das Schaff, das hinaufgezogen wird. Wenn nichts mehr zu finden ist, wird der Brunnen wieder ausgeschöpft. Dann reinigen die „Mirsausstierer“ die Fugen des mit Steinen ausgelegten Brunnens, die „Unter- und Oberscherrer“ kratzen mit einer Brottrogschere die Steine ab, bis sie wieder weiß sind, dann werden die Säcke mit Moos hinuntergelassen, und die „Mirseinstierer“ stopfen alle Fugen mit neuem Moos voll, damit kein Schmutz eindringen kann. Zuletzt wird der Brunnen wieder ausgeschöpft, das Ausflußrohr verstopft. Bis neun oder zehn Uhr ist der Brunnen wieder voll, das Ausflußrohr wird geöffnet.
Geschehen im Jahreslauf
Silvesterfeier mit Tanz.
Holz wird zerkleinert, Strohbände für Getreide und für Weingärten werden gemacht.
Schlittschuhlaufen am Dorfteich
Federnschleißen
Weinverkosten, -abziehen, filtrieren, – verkaufen.
Hauptversammlungen der Vereine
Hausschlachtungen
Liedertafel am 2.Feber: 25köpfiges Streichorchester, Männerchor (50), gemischter Chor (75).
Theaterspielen, Operetten „Winzerliesel“, „Neckar, Lenz und Liebe“.
Faschingstanz der Burschenschaften und der Verheirateten, Schlaraffenland: Einsammeln von Speisen, Getränken am Donnerstag, Freitag und Montag Beisammensein.
Erste Weingartenarbeit: Schneiden.
Frühjahrssaat, Eggen und Walzen.
Im April Neuanlagen in Weingärten, Reben veredeln, Kartoffelacker düngen.
Osterratschen, Musik und Emausgang ins Weinkellerdorf am Montag.
25.April: hl.Markus, Prozession und Grenzbegehung.
1.Mai: Maibaumpflanzen; Bohnen, Mais und Gurken legen.
Rebenveredlungen einschulen, Disteln ausschneiden.
Musterung
Muttertag mit Kirchengeleit, Kranzniederlegung am Hauptkreuz, Theater, z.B. Anzengruber: „Das vierte Gebot“ zu Ehren der verstorbenen Mütter.
Im Juni Jäten der Weingärten, Ausgeizen und Binden, öfters Spritzen, Wiesen- und Kleeheuernte, Futterrüben und Gurken vereinzeln, Kartoffeln hacken und häufeln, von Unkraut befreien.
Mai/Juni: Schauübung der Feuerwehr, Schauturnen des Turnvereins.
Fronleichnamsprozession
Drei Bittprozessionen
Erste hl.Kommunion an Christi Himmelfahrt für das 2.Schuljahr.
Sonnwendfeier des Turnvereins
Kirschenernte
Nach dem 2.Juli Prozession nach Lechwitz, zu Pfingsten nach Maria Dreieichen.
In den Weingärten Spritzen und Binden, Reinigen von Unkraut.
15.Juli Beginn der Getreideernte mit 25 Mähmaschinen und Sensen, nach 1938 mit Bulldog und Mähbinder.
Aprikosen, Frühzwetschgen, Klara- und Margarethenäpfel werden geerntet.
Ende Juli sind die ersten Gurken reif.
Dresch beginn mit 50 Dreschmaschinen.
Im August Fortsetzung vom Dreschen, Gurkenernte, zweite Heuernte.
Kirchweihfest in Klein-Tajax und Kallendorf
Kirtag in Urbau am Sonntag nach dem 29.August (Enthauptung des hl.Johannes des Täufers)
Im September Beenden des Dreschens, der Kartoffel- und Rübenernte,
Wintergetreidesaat.
Kirtag in Gerstenfeld, Naschetitz und Dörflitz.
Am 1.Oktober rücken die Rekruten ein.
Ernte von Winterobst und Nüssen.
10.Oktober Beginn der Weinlese.
1.November Prozession zur Kriegerkapelle, zu Allerseelen Friedhofsbesuch.
Heurigenkosten zu Martini.
Seit September Jagden.
Julfeier des Turnvereins am Sonntag vor Weihnachten mit Turnvorführungen und Theater.
Matriken seit 1706.
Literatur:
Zuckriegl, Hans: Urbau – ein südmährisches Grenzlanddorf 1000-1945. 1989
Bezirk und Gericht Znaim
Breitangerdorf 1476 ha, 215 m ü.d.M.
Flurnamen:
Norden: Baumgarten, Satzeln, Freiäcker, Dürnbach, Hochbreiten, Zulassen; Nordosten: Oberbergen, Dürrgarten, Blüatenschädel;
Osten: Niederbergen, Hundsörteln, Dammacker, Lettenfeld, Langewiesen; Süden: Gernacker, Oberschopfen, Unterschopfen, Teichten, Kleeacker, Niemtschitz, Hofacker, Gsellgerichten, Berntrum; Schatz, Rangl, Truppenberg, Neurießen, Lampelheid, Heid, Oberschatz, Unterschatz, Mittlere Quanten, Tajaxer Quanten;
Westen: Frauenbergfeld, Haunger, Grund.
Anbau: 7034 Grundparzellen; größte Weinbaugemeinde im Kreis Znaim (1925: 123,5ha). Weizen, Gerste, Hafer, Mais, Hirse, Roggen; Klee, Futterrüben, Kartoffeln, Bohnen, Wicken, Gurken, Tomaten, Karotten, Sellerie, Zwiebel, Kraut, Kohl, Spargel, Salat, Paprika, Bohnen, Erbsen, Linsen.
Jagd: Hasen, Rebhühner, Fasane, Füchse (1942).
Straßen, Plätze: Oberort, Unterort, Am Berg, Naschetitzer Straße, Kleintajaxer Straße, Gnaster Straße, Ferkelmarkt, Geflügelgassel, Am Graben, Armensünderweg, Bachstraße, Baumgartl, Herrenzeil, Bettlzeil, Im Winkel, Kirchgassel, Kellerstraße, Meierhof, Mühlenweg, Neustift, Schindergraben, Hadres, Berntrum, Buxtehudegasse (1866 waren hier Preußen einquartiert), davor Rosmaringasse, Satzlweg, Vogelfangweg, Vogelstange.
Baudenkmäler, Einrichtungen:
Pfarrkirche Enthauptung des hl.Johannes, 1270-79 Langhaus (Pfarre urkundlich 1222); 1589 abgebrannt. Neubau 1747, renoviert 1891-1899 und 1928; Stichkappentonnengewölbe; Hochaltar, klassizistisch, mit Bild, Vierzehn Nothelfer, von J.Winterhalter. Turm der alten Kirche mit drei Glocken, 1626, 17. und 18.Jh. 4 Glocken.
Beinhaus, ab 1826 Aufbewahrungsraum.
Der Friedhof wird 1826 und 1832 verlegt.
Pfarrhaus, 1789.
Kapelle der Immaculata
Hl.Dreifaltigkeit an der Weggabelung Pumlitz/Oblas.
Hl.Dreifaltigkeit am Feldweg nach Kallendorf.
Hl.Dreifaltigkeit in den Langen Weingärten.
Hl.Dreifaltigkeit am Beinhaus.
Kreuzabnahme
Hl.Maria bei Nr.46.
Hl.Markus im Dorf.
Hl.Markus im Frauenbergfeld.
Hl.Florian, 1.Hälfte 18.Jh.
Hl.Rochus
Hl.Johannes von Nepomuk, 1741, hinter dem Friedhof.
Hl.Johannes von Nepomuk im Unterort.
Hl.Johannes von Nepomuk im Lettenfeld.
9 Eiserne Feldkreuze
Pestmarterl beim Ziegelofen von Gnast.
Rotes Marterl, Andenken an französische Soldaten.
Kapellen, Marterln, Moltern.
Kriegerkapelle, 1932.
Gemeindehaus, 1907 im alten Pfarrhaus/Schule.
Gemeindebibliothek, über 500 Bände.
Postamt, 1911 bis 1923, wieder ab 1938.
Armenhaus
Zeughaus der Feuerwehr
Isolierzimmer, 17.Jh.
Doktorhaus, 1911, für den Distriktsarzt, 1937 erster Telefonanschluß.
Hebamme
Autobusverbindung
Schulen:
Volksschule, dreiklassig, Neubau 1906/07; schon 1657 belegt, 1670 im Pfarrhof, 1788 Neubau über dem alten Pfarrhaus, 1832 aufgestockt, zweiklassig.
Kindergarten, 1939.
Gewerbe:
2 Ziegeleien bis 1922, Schrotmühle mit Saatgutreinigungsanlage,
3 Gasthäuser, 8 Gemischtwarenläden, 2 Bäcker, 3 Fleischhauer,
4 Schmiede, Schlosser, Wagner, 4 Tischler, 2 Zimmerer, Fuhrwerker, Binder, Spengler, Sattler, 2 Dachdecker, 4 Friseure, Korbflechter, 2 Maler, 2 Kerzengießer, 8 Maurer, Mechaniker, 3 Schneider, 6 Schneiderinnen, 2 Schuster, 3 Trafikanten, 2 Chauffeure, 2 Viehhändler, 2 Weinhändler.
Vereine:
Männergesangverein, 1880.
Gesang- und Musikverein ab 1882 (1928 mit 35 Musikern!).
Freiwillige Feuerwehr, 1894, im II.Weltkrieg auch Mädchenwehr.
Bund der Deutschen, 1899.
Deutscher Schulverein/Deutscher Kulturverband, 1920.
Konsumverein, 1895/1901.
Winzergenossenschaft, 1902 (eingegangen).
Turnverein, 1913.
Milchgenossenschaft, 1924.
Veteranenverein, 1928.
Raiffeisenkassa, 1893.
Landwirtschaftlicher Konsumverein, 1901.
Jagdgenossenschaft, 1920.