
Frain an der Thaya
48° 54′ N, 15° 49′ O
Vranov nad Dyjí
Znaim
Geschichte
Eine Burg wird urkundlich 1110 genannt, 1183 vom Johanniterorden übernommen; für 1258 ist eine Kirche mit Pfarrer und Kaplan bezeugt, 1323 urkundlich als Markt „Fren“, 1423-31 wird eine Wehrmauer errichtet. Bis zum Ende des 18.Jh. sind Stadtmauer und Tore vorhanden. Nach dem Sieg der Hussiten bei Iglau 1425 ist Frain ihr Sammelplatz. Zwischen 1415 und 1562 gibt es keine Aufzeichnung über einen katholischen Pfarrer. 1616 kauft der Gutsherr von Joslowitz, Wolf Dietrich Graf von Althan, die Herrschaft Frain. Da er sich am böhmischen Aufstand beteiligt, werden ihm die Güter genommen, seine beiden kaisertreuen Brüder können sie aber übernehmen und bis 1793 behalten. Die Schweden hausen schrecklich, von 111 Häusern bleiben nur 39 übrig. 1633 als Frayn genannt. 1642 gewährt Kaiser FerdinandIII. drei Jahrmärkte und einen Wochenmarkt. Gründung der Schmiede- und Schlosserzunft 1642, Tuch- und Leinenweber 1670, Schneider 1675, Lederer-, Sattler- und Schusterzunft 1679, Fleischer 1720, Müller und Bäcker 1727, Binder- und Wagnerzunft 1834, Maurer und Zimmerleute 1744. Jede Zunft hat ihre Fahne, die bei der Fronleichnamsprozession mitgetragen wird. 1723 Poststation auf der Route von Fratting nach Brünn.
Kaiser Karl VI. kommt jedes Jahr im Mai aufs Schloß und geht auf die Jagd. 1793 kauft Josef Hilgartner Ritter von Lilienborn die Herrschaft und verkauft 5 Meierhöfe, 8 Gasthäuser, 4 Jägerhäuser, 4 Teiche und Wiesen sowie große Mengen Holz. 1799 verkauft er die Herrschaft wieder. Im frühen 19.Jh. Tuchmacherei.
Seit 1849 Gerichtbezirkssitz und Dekanat. Um 1900 wird Frain als Sommerfrische entdeckt. Im I.Weltkrieg fallen 43 Mann.
Am 15.Dezember 1918 rückt tschechisches Militär ein, durchsucht die Häuser, beschlagnahmt Waffen und Lebensmittel und bedroht die Einwohner. Die Gasthäuser müssen um 20 Uhr schließen, nach 21 Uhr darf kein Deutscher auf der Straße sein, Versammlungen sind verboten. Der Ort bleibt bis März 1919 besetzt.
Bereits 1912 wird die Bewilligung für den Bau einer Talsperre gewährt, 1927 beginnen die Verhandlungen über die Grundeinlösung, 1100ha Acker-, Wiesen- und Waldboden sind betroffen, Frain verliert 237ha. Der Tourismus erleidet empfindliche Einbußen.
1922 wird in der Bürgerschule eine tschechische Minderheitsschule eingerichtet; die dafür erforderliche Schülerzahl erreicht man, indem man 1925 tschechische Waisenkinder nach Frain bringt. 1930 wird eine tschechische Schule gebaut. Sie wird 1938 aufgelöst, in das Haus zieht die deutsche Volksschule. Zum Erhalt der deutschen Bürgerschule wird 1921 mit Unterstützung des Deutschen Schulvereins ein Waisenhaus von Mährisch Kromau in die aufgelassene Tonwarenfabrik verlegt.
Im Juli 1933 werden bei den Frainer Freilichtfestspielen auf der Barockstiege des Schloßhofs von Hugo von Hofmannsthal „Jedermann“ und „Das Salzburger große Welttheater“ aufgeführt, im August folgt „Wilhelm Tell“ von Schiller.
Am 8.Oktober 1938 marschiert die Wehrmacht in Frain ein. Im II.Weltkrieg fallen 51 Mann. Am 7.Mai 1945 ziehen die deutschen Truppen ab. Tschechische Herrschaftsbedienstete und ukrainische Landarbeiter besetzen das Schloß, am 9.Mai tauchen tschechische „Partisanen“ auf, verhaften Mitarbeiter der NSDAP, mißhandeln sie und verschleppen sie in das Barackenlager in Znaim, wo sie entsetzlich mißhandelt werden, ein Mann überlebt die Torturen nicht. Im Waisenhaus wird ein KZ eingerichtet, die Fremdarbeiter fungieren als Hilfspolizei. Am 24.Mai werden rund 90% der Deutschen vertrieben, die restlichen werden im Lager konzentriert und zu Zwangsarbeit im Kraftwerk bzw. zur Einbringung der Ernte eingesetzt, danach auch mit 30 kg Gepäck pro Person vertrieben.
Matriken seit 1642, Grundbücher seit 1857 (stabiler Kataster).
Bedeutend: Doré Josef, Landschaftsmaler und Direktor der Frainer Steingutmanufaktur 1832 bis 1873.
Schmidt Ferdinand, Ingenieur, *1878 in Frain, †1941 in Frain, Initiator und Planer der Frainer Thaya-Talsperre.
Literatur:
Anderle, Willy und Schmidt, Walter: Frain – einst die Perle im Thayatal. 2 Bde. 2002.
Gregor, Gustav: Geschichte der Marktgemeinde Frain. (Übersetzung von F. V. Pe?inka: Vranovský okres. Brünn 1906)
Bezirk Znaim, Gericht Frain
Platzort (Dreieck) 1368 ha, 312 m ü.d.M.
Flurnamen: Grenzfelsen, Raubschütz, Drei Wiesen, Gelber Stein, Alter Hammer, Waldbreiterwies, Waldwies, Schmierofenwies, Hochstand, Kuhberg, Mühldicken, Smetana Mais, Granatengraben, Scheideg, Uhufelsen, Weiberleiten, Kaiserwald, Spiegel oder Ziegelbreite, Gräfinwiese, Maria Schutz, Pöllerplatz, Kalkofen, Philosophenhäuschen, Frainer Hof (Wolfshof), Kreuzberg, Einnehmer-Marterl, Galgenberg, Auerkreuz, Kumpa-Marterl, Clary-Kreuz, Pfefferberg, Bründelgraben, Hammergraben, Saugraben, Toter Mann, Schindergrube, Eisleiten/Obelisk, Czelothberg, Engelsitz, Martinswand, Kessel, Pastete, Breitauer Lusthaus, Hubertuswiese, Schwalbenfelsen, Mitterngarten, Breitau, Kreuzallee, Saathübel, Häuselmais, Bindergraben, Hammerköpfl, Batschibach (Helenental), Feliziental, Holzschlag, Sulz.
Bodennutzung: Weizen, Roggen, Hafer, Mais (Kukuruz), Kartoffel (Erdäpfel), Futterrüben. 1935-1945 sind noch fünf hauptberufliche Landwirte im Ort ansässig.
Die Wälder der herrschaftlichen Forstwirtschaft, Kiefern, Tannen, Fichten, Weißbuchen, Birken, Eichen und Ahorn, erbringen in drei Jahren 50000cbm hartes und weiches Holz, davon ca.30000cbm Brennholz und 20000cbm Nutzholz, das zu zwei Dritteln weiterverkauft wird.
Jagd: Hirsch, Reh, Hasen, Fasane, Rebhuhn, Wachtel, Schnepfe, Fuchs, Dachs, Marder, Wiesel.
Straßen, Plätze: Ortsteile: Schloß mit Feliziental, Markt mit Bergstraße, Leopoldstadt mit Kainzengraben, Venedig, Oberhammer, Unterhammer.
Baudenkmäler, Einrichtungen:
Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 1685, Umbau 1716, Westturm, Hochaltar 1720, Nepomuk-Altarbild von Franz Anton Maulbertsch; Rokokokanzel 1770; 3 Glocken, im Krieg geopfert, 1927 erneuert.
Karner, romanischer Rundbau mit Apsis und sechseckiger Laterne, 2.Hälfte 13.Jh.
Helenenkapelle, 1815, im Unteren Hammer.
Josefskapelle, 1826.
Friedhof mit Grabsteinen aus dem 18.Jh., 1804 verlegt.
Kapelle beim Kirchturm, 1.Hälfte 18.Jh., Christus an der Martersäule.
Kapelle mit Kreuzigungsbild, 1.Hälfte 18.Jh.
Immaculata am Marktplatz, 1713.
Pestsäule, an den Ecken hl.Sebastian, Rochus, Florian und Johannes von Nepomuk, nach Gelübde infolge der Pest von 1680.
Hl.Johannes von Nepomuk, 1732, an der Thayabrücke.
Tempel Maria Schutz am Rosenhügel, im griechischen Stil, anfangs „Heidentempel“, auch „Dianatempel“ genannt, da er griechische Götterstatuen enthielt, die später entfernt wurden, wonach eine Marienstatue aufgestellt wurde.
Mniszek-Kreuz auf dem Kreuzberg, 1846.
Pomitscher Marterl, 1845.
Windschauer Marterl, 1730.
Landschauer Marterl
Clary-Kreuz nahe dem Staudamm auf steilem Felsen, zur Erinnerung an den Fürsten Clary, 1831.
Kumpa-Marterl auf dem Weg zum Clary-Kreuz.
Marterl an der Jelenmühle, 18.Jh.
Felsenkapelle Mater dolorosa
Pfarrhof, renoviert 1844 und 1899.
Schloß, 76m über der Thaya auf Felsrücken, Zugang über 57m Brücke (1749) zur mittelalterlichen Vorburg (12./14.Jh.) mit turmbewehrter Umfassungsmauer im Süden, Raben- und Wasserturm und quadratisch über Eck gestellter Turm. Amtshaus mit Freitreppe und Laubengang aus dem 16.Jh. Schloßbau, dreigeschossig und dreiflügelig, 1686, anstelle der Hauptburg. Östlicher Querflügel als Vorbau zum Ahnensaal umgebaut 1711/20. Doppelfreitreppe mit Herkules, Antaeus und Äneas mit seinem blinden Vater, Geschenk Kaiser Karls VI. für Gräfin Althan. Ahnensaal, 26m lang, 11m hoch, elliptisch, 1690/94 von Johann Bernhard Fischer von Erlach, anstelle der Burgkapelle. Kuppelfresko von Johann Michael Rottmayr: „Segnungen von Ackerbau und Handel“. In Nischen Statuen berühmter Männer der Familie Althan.
Schloßkapelle, Zentralbau, von Johann Bernhard Fischer von Erlach anstelle des Folterturms auf benachbartem Felskegel. Kuppelfresko von Ignaz Ceinitz: „Engelsturz“, 1700. Zwei Westtürme 1726.
Burg Neuhäusel, 1358 urkundlich erwähnt, Besitz des Markgrafen Johann Heinrich, Bruder Karls IV., gehörte eine Zeitlang den Joslowitzer Schloßherren, 1558 mit Frain vereinigt, 1618 noch bewohnt, wahrscheinlich 1645 durch die Schweden zerstört. Besteht aus einer Ringburg und einer späteren Hochburg.
Brunnentempel, mit Reliefs von Fr.A.Zauner, im Feliziental, 1860
Helenenwarte auf der Breitau
Obelisk in der Eisleiten, 1860.
Lusthaus in der Breitau, 1850.
Kriegerdenkmal, 1934.
Bezirksgericht, seit 1850.
Steueramt, seit 1850.
Gendarmerieposten, 3 Gendarmen.
Finanzwachabteilung, 1919-1938.
Bahnstation Schönwald-Frain, 1870.
Elektrizitätswerk
Post- und Telegraphenamt, 1886.
Thaya-Talsperre 1930-36 erbaut nach Plänen des Frainer Ingenieurs Ferdinand Schmidt; Stausee 164 Mio. cbm, Überflutung von Alt-Vöttau.
Schulen:
Volksschule, Neubau 1906, auch für Pomitsch und Windschau; 1726 erstes Schulhaus, 1882 erweitert, dreiklassig, 1623 erste Gemeindeschule.
Bürgerschule 1906, dreiklassig; 1910 mit Studenten- und Schülerherberge.
Gewerbliche Fortbildungsschule (bis 1939).
Lehrlingshort (Kolpingheim).
Kindergarten, um 1900, 1920 vom Deutschen Schulverein übernommen.
Gewerbe:
Steingut- und Wedgwoodfabrik, 1798 aus Meierhof umgebaut: „Landesbefugte Steingut- und Wedgwoodfabrik“ von Josef Hilgartner von Lilienborn; 1883 Betrieb eingestellt, die Gebäude vor 1900 in Mietwohnungen umgewandelt.
Seidenbandfabrik 1879, 1912 nach Wien verlegt, später Hotel.
Betonwarenfabrik, 1892.
Sägewerk
3 Mühlen: Marktmühle, 1703; Pointnermühle, auch Jelenmühle, 1936 durch Stausee überflutet; Mittermühle, umgebaut; 1920-1938.
Tschechisches Waisenhaus;
3 Ziegeleien.
Notar, Rechtsanwalt, Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheke.
3 Hebammen
Sommerfrische mit 170 Hotelzimmern und 200 Sommerwohnungen, Flußbad mit 40 Kabinen, 5 Tennisplätze, Tanzschule, Konzerte, Kino;
Spaziergänge zum Rosenhain, Maria Schutz, Gräfinwiese, Kainzengraben, Feliciental, Breitauer Lusthaus, Clary-Kreuz, in die Eisleiten etc., Tagesausflüge nach Hardegg, Ruinen Neuhäusel und Kaja, Jagdschloß Karlslust, Ruine Zornstein, Burg Vöttau, Freistein etc.; nach dem Bau der Talsperre 2 Bäder am Stausee: das Turnerbad und das Strandbad.
2 Autobusunternehmen, 5 Taxiunternehmen, 2 LKW-Transporte, 5 Pferdefuhrwerke.
4Gemischtwarenhandlungen, Konsumverein, 4Greißler, 3Grünzeughändler, Milchprodukte, 4Bäcker, 3Fleischhauer, 2Schmiede, Baumeister, 2Spengler, 2Schlosser, 2Zimmerer, Wagner, Faßbinder, Drechsler, 7Tischler, Glaser, Sattler/Tapezierer, 8Schuster, 3Uhrmacher, 5Schneider, 3Damenschneiderinnen, 4Maler/Anstreicher, 2Schuhgeschäfte, 2Tabaktrafiken, Buch- und Papierhandlung, 2Elektriker, Feinmechaniker, 2Fotografen, Installateur, 3Friseure, Rauchfangkehrer, Kohlenhandel, 3Gärtnereien, Wäscherei, 2Tankstellen, Bootsvermietung.
Jahrmärkte: Jeweils am ersten Donnerstag
1) im März, 2) im Mai, 3) im August, 4) im Oktober, 5) im November.
Kirtag am Sonntag nach Maria Himmelfahrt (15.August).
Vereine:
Landwirtschaftliche Bezirks-Kontributions-Vorschußkassa, 1864.
Männergesangverein, 1887.
Spar- und Vorschußverein und Sparkassa, 1882.
Schulkreuzerverein, 1883, später Deutscher Schulverein, 1920 verboten, übernommen vom Deutschen Kulturverband.
Freiwillige Feuerwehr, 1887.
Verein gedienter Soldaten, 1888, verboten 1919, danach Kameradschaftlicher Unterstützungsverein gedienter Soldaten.
Bund der Deutschen Südmährens, 1899.
Deutschvölkischer Turnverein 1899, Deutscher Turnverein 1920.
Verschönerungsverein, 1910.
Österreichischer Touristenklub (ÖTV)
Ortsgruppe Frain des Landesverbandes für Fremdenverkehr in Mähren und Schlesien.