
Erdberg
48° 46′ N, 16° 16′ O
Hrádek
Znaim
Geschichte
Urkundlich erstmals 1052 als Erpurch genannt, gehört 1131 zum Znaimer Kirchgut. Eine Veste dieses Namens, die den Übergang über die Thaya schützt, wird 1235 als Burg bezeichnet, in den Kämpfen um Ansprüche der Babenberger wird sie 1244 zerstört. Im 13.Jh. zählt es zu den bestehenden 16 Märkten in Mähren, drei Jahrmärkte. Seit 1541 ist Erdberg mit der Herrschaft Joslowitz verbunden. Um 1600 verlegt die Thaya ihren Lauf, die Brücke wird nach Höflein verlegt. Im 30jähr. Krieg zum Großteil abgebrannt, die Schweden plündern die Kirche. Seit 1660 ist wieder ein kath. Priester im Ort. 1679/80 wütet die Pest, 1832 und 1856 die Cholera. 1865 vernichtet ein Gewitter mit Hagel Wein- und Obstgärten. 1866 sind 4000 Preußen einquartiert. 1872 und 1883 vernichten Brände ganze Ortsteile.
1908 wird im Schulgarten zum 60.Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josefs ein Gedenkstein errichtet, 1920 entfernt, die Gedächtniseiche bleibt stehen. Im I.Weltkrieg fallen 91 Mann. 1923 wird ein junger Mann, der nachts über die Grenze will, von einem tschechischen Grenzwächter erschossen. 1937 werden auf Gemeindegrund 13 Betonbunker errichtet. Im September 1938 geht der Großteil der Einwohner über die Grenze. Nach dem Anschluß finden die landwirtschaftlichen Produkte reißenden Absatz. Im II.Weltkrieg fallen 199 Mann, davon 130 in Rußland. Am 8.Mai 1945 dringen die Rotarmisten ein und verbreiten Angst und Schrecken. Ihnen folgen am 28.Mai die tschechischen „Partisanen“, die zahlreiche Männer nach Znaim und nach Waltrowitz verschleppen, von wo die eingesessenen Deutschen bereits vertrieben sind. Am 2., 3. und 4.Mai 1946 werden die letzten Deutschen aus Erdberg vertrieben. 720 Personen kommen nach Bayern, 699 nach Baden-Württemberg, in Österreich bleiben 392.
Erdställe sind unter zahlreichen Häusern innerhalb des mittelalterlichen Ortsumfangs mit Gängen, wohl ein zusammenhängendes System; ca.5m unter Erdoberfläche, ca.60cm breit und 80cm hoch, enden in runden Kammern von 2,5 bis 3m Durchmesser, Höhe 3m, enden spitzbogenförmig in Luftlöchern; in den Wänden Nischen, vermutlich Sitzflächen oder Raum für Vorräte. Die meisten Erdställe sind unter der Burg oder deren näherer Umgebung. Eine besonders schön ausgearbeitete Kammer wird als Andachtsstätte oder Versammlungsort gedeutet.
Jahrmärkte: Josefimarkt am Dienstag vor Josef (19.März), Jakobimarkt am Dienstag nach Mariä Himmelfahrt (15.August), Martinimarkt am Mittwoch vor Martin (11.November).
Brauchtum
Kirtag am dritten Sonntag im Oktober, St.Theresia von Avila.
Wallfahrt nach Maria Dreieichen
Theateraufführungen, von Einaktern bis zu Operetten.
Geselligkeit beim Schweineschlachten und beim Weinablassen, Frauen treffen sich beim Federnschleißen, „Woaz orebln“ (Mais auslösen), Gänserupfen.
Bauernregeln: Wenn’s der Hornung gnädig macht, bringt der Lenz den Frost bei Nacht.
Viel Regen im Februar, viel Regen das ganze Jahr.
Wenn im Feber die Lerchen singen, wird’s uns Frost und Kälte bringen.
Auf Lichtmeß laß es Winter sein, dann kommt der Frühling bald herein.
Trifft Matthäus (24.2.) stürmisch ein, wird’s bis Ostern Winter sein.
Matriken seit 1660.
Literatur:
Wild, Franz: Erdberg. 1962
Wild, Franz: Von Erpurch bis Erdberg, Bd. I. 1964
Wild, Franz: Von Erpurch bis Erdberg, Bd.II. 1982
Bezirk Znaim, Gericht Joslowitz
Platzort 2051 ha, 200 m ü.d.M.
Bodennutzung: Korn (=Roggen), Gerste, Linsen, Erbsen. Kartoffeln, Hirse, Weizen, Rüben, Klee, Mais, Hafer, Mohn; Gemüse wie Gurken, Kraut, Salat, Tomaten, Paprika; Weinbau mit Kirsch-, und Nußbäumen an den Enden der Weingärten. In den Gärten Äpfel, Birnen, Pflaumen, Mirabellen, Pfirsiche, Marillen, Kirschen, weiße und schwarze Maulbeeren.
Viehzucht: Pferde, Rinder, Schafe, Schweine; Gänse, Enten, Puten, Hühner.
Jagd: großes Jagdgebiet, zwei Teile: Landfeld und Thayafeld; 500 bis 700 Hasen.
Baudenkmäler, Einrichtungen:
Pfarrkirche hl.Petrus und Paulus, bis ins 16.Jh. mit Priestern des Malteserordens in Mailberg besetzt, 1764/67 im Stil des Rokoko; Hochaltarbild, zwei Seitenaltarbilder (hl.Johannes von Nepomuk und Geburt Christi) und kleinere Bilder von Anton Maulbertsch; Taufbecken um 1780; plastische Gruppe Christus, Johannes und Maria, 1770, Pest-Altar. Nordturm mit 5Glocken, 4 werden im I.Weltkrieg abgeliefert, 1921 und 1923 werden sie erneuert. Unter der Kirche Totengruft, zwei Ziegelgewölbe, 4m lang, 3m breit und über 2m hoch. Eingepfarrt: Klein Grillowitz.
Karner, Rundbau 2.Hälfte 13.Jh.
Pfarrhof, um 1740.
Friedhof mit Ecktürmchen und spätbarockem Tor, verlegt um 1755, erweitert 1856.
Kapelle zum hl.Franziskus
Ulrichskapelle, Rest einer alten Burg, 1052 genannt.
Pestsäule „Pestmolta“, 1695.
Bildsäule Abschied Jesu von Maria, „Urlaubmolta“, 1695.
Weißes Kreuz, Statuengruppe.
Dreifaltigkeitssäule
Statuen: Hl.Johannes von Nepomuk, 1788, Hl.Florian.
Kriegerdenkmal, 1923.
Genossenschaftshaus der Milchgenossenschaft, 1923.
Rathaus, Neubau 1926, mit Zeughaus der Feuerwehr.
Raiffeisenkassa, 1926.
Armenanstalt, 1820.
Postamt, 1899, Telefon, 1923.
Hirtenhaus, 1849.
Elektrifizierung, 1929/30, Straßenbeleuchtung mit 92 Lampen.
Omnibusverkehr der Reichsbahn, 1938.
Schule: Volksschule, Neubau 1825, erweitert 1869 dreiklassig, 1891 Anbau: fünfklassig, Erweiterung 1911, sechsklassig; 1606 erstmals ein Schulhaus erwähnt.
Gewerbe:
Mühle, Schrotmühle, Zementwarenerzeugung.
5 Gasthäuser, 4 Gemischtwarenläden, 2 Fleischhauer, 5 Schmiede, 3 Schlosser, Maurer, 2 Zimmermeister, Mechaniker, 2 Dachdecker, 2 Sattler, 3 Faßbinder, 7 Schneidermeister, 8 Schuhmacher, 3 Maler, Kaminkehrer, Gärtner, 2 Eiersammler, 3 Trafikanten, 2 Viehhändler.
Insgesamt lebten mehr als 80 Familien von einem Handwerk oder Geschäft.
Vereine:
Männergesangverein, 1887.
Freiwillige Feuerwehr, 1892.
Raiffeisenkassa, 1899.
Deutschvölkischer Turnverein, 1919.
Katholischer Burschenverein.
Katholischer Mädchenbund, 1930.
Deutscher Kulturverband, 1920.
Bund der Kriegsverletzten, 1921.
Bund der Deutschen, 1936.
Kameradschaftlicher Unterstützungsverein gedienter Soldaten, 1938.
Milchgenossenschaft, 1923.